ZÄHLE DIE WEGE MEINER FLUCHT

Regie, Buch Dusan Solomun

BERLIN: Location Regie Produktion |
D 2023| SPIELFILM | 71 MIN | (PREVIEW)


Vorführungen am

MO, 17.04, 19:00 City Kino Wedding
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Synopsis
Die Security öffnet die Tür und lässt eine Gruppe von Kriegsflüchtlingen eintreten. Diese versuchen herauszufinden, wo sie sich befinden. Die Situation in der Institution ähnelt einem Traum. Das Verhalten der Beamten ist irrational und unvorhersehbar. Der Priester empfängt die Flüchtlinge sehr freundlich, um dann plötzlich zu verschwinden. Die Heimleiterin erwartet sie in ihrem Büro. Die Flüchtlinge irren stundenlang in einem großen Raum umher, sie sind zunehmend desorientiert, aber auch die Beamten der Institution wirken mehr und mehr erschöpft. Beide sind Opfer eines Systems, das jeden Sinn verloren hat.

Uraufführung ..

Regie, Buch Dusan Solomun Schauspiel Selin Kavak, Johannes Völkel, Florian Denk, Vera Maria Kremer, Jelena Bosanac, Yazan Melhem, Ilker Abay Kamera Tilo Hauke Schnitt Jann Anderegg, Jan Bihl Ton Oscar Stiebitz Szenenbild Hendrik Apfelhöfer Kostüm Barbara Schonhardt Produktion Ohne Gepäck, Solomun und Fromme Filmproduktion

Bio
Dusan Solomun *in Belgrad, Serbien, zog als Kind mit seiner Familie nach Berlin. Ab 2006 Film und Fernseh-Studium sowie Kamera an der FH-Dortmund. Er macht Dokumentarfilme sowie Film- und Theaterworkshops mit Geflüchteten.

 

Regiekommentar

Kurz vor Beginn des Bürgerkriegs in Jugoslawien zog ich mit meiner Familie nach Berlin. Wir hatten nicht vor lange zu bleiben, aber die Umstände in unserem Land zwangen uns, im Exil zu leben.

Für dieses Projekt habe ich eine starke persönliche Motivation. Als die syrischen Geflüchteten nah Berlin kamen, freundete ich mich mit vielen an. Mit ihnen entdeckte ich viele Gemeinsamkeiten – unter anderem die Sorge über die Menschen, die zurückgeblieben sind. Darüber hinaus die Verfolgung des Krieges aus der Ferne. Wie meine syrischen Freunde, saß ich manchmal auch als junger Mensch stundenlang vor dem Fernseher und sah mir schreckliche Bilder des Krieges an – Bilder von zerstörten Städten, die ich kannte, und Leichen, die am Boden lagen.

In meinem letzten Projekt „Children of Spring“ behandle ich auf einer persönlichen und experimentellen Art und Weise die Flucht meiner Freunde über das Mittelmeer. Mit einem Happy End – der Ankunft in Deutschland. Die Erfahrung, die wir während der Vorbereitung, der Dreharbeit und der Postproduktion teilten, war eine befreiende und konstruktive Traumaarbeit.

Das aktuelle Projekt „Zähle die Wege meiner Flucht“ ist eine Fortsetzung dieser Geschichte: Die Geflüchteten sich angekommen, aber wie geht es jetzt weiter in der sicheren und geschützten neuen Welt?
Mit hochstilisierten und skurrilen Darstellungen des bürokratischen Apparats in einer absurden fiktiven Institution – in einer Kirche. Die Kirche präsentiert die Polizei, das Jobcenter und eine Kirche – eine Mischung eines staatlichen Apparats.

Meine Idee ist eine Welt zu erschaffen, die unsere Realität widerspiegelt. Der Film soll keine Kritik an den Institutionen sein, sondern ein Abbild eines komplizierten Systems. Sowohl die Geflüchteten als auch die Beamten der Institution sind Opfer dieses Systems.

Ich möchte eine Filmsprache realisieren, wie sie Roy Anderson in seinen Filmen verwendet. Als ich die Dialoge schrieb, dachte ich an die Absurdität der Dialoge aus den Werken von Samuel Beckett. Ähnlich wie in seinen Stücken versuchte ich humorvolle und groteske Situationen zu entwickeln.

Wie zum Beispiel mit der Figur der Heimleiterin. Vom Kirchenbalkon aus wirft sie den Arbeitsvertrag eines Geflüchteten in die Luft, die vielen Papiere fliegen durch den großen Raum.
Oder in der Panikszene – als aufgrund eines Flugzeuggeräusches die Geflüchteten denken, dass sie bombardiert werden und verwirrt und panisch durch die Kirche rennen.
Den Beichtstuhl möchte ich als einen Ort für absurde und gleichzeitig konzentrierte Dialoge zwischen einigen Geflüchteten und dem Priester etablieren.

Der Look des Films ist das Cinemascope Breitbildformat und in Schwarzweiß fotografiert. Eine langsam bewegende Kamera, die in totalen Einstellungen die Massenszenen in der Kirche mit nahen Aufnahmen kombiniert, um die expressiven Emotionen in den Gesichtern der Protagonisten festzuhalten. Die weitflächige Kirche ermöglicht der Kamera eine enorme Bewegungsfreiheit.

Die Melodie des Songs „Heimatlos“ – im Original von Schlagerstar Freddy Quinn – habe ich bereits mit einem Musiker bearbeitet und es sind zwei Versionen entstanden – eine Orgel Melodie und eine Sopran Version.

Mit dem Film möchte ich keine explizite Botschaft vermitteln, vor allem keine moralische. Intensive Emotionen, die Verlorenheit der Menschen sowie die Absurdität und Tragik eines bürokratischen Apparats dem Zuschauer näherbringen – das wäre mein Ziel.