- achtung berlin – new berlin film award
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir freuen uns, Ihnen die PreisträgerInnen des 16. achtung berlin – new berlin film award bekanntgeben zu dürfen. Die feierliche Preisverleihung fand gestern Abend im Babylon statt.
Die Preise des 16. achtung berlin – new berlin film award wurden in den einzelnen Kategorien wie folgt vergeben:
Der new berlin film award in der Kategorie Bester Spielfilm dotiert mit einem Preisgeld von 2000 Euro in bar, gestiftet von Audi City Berlin, geht an:
GIRAFFE
Regie: Anna Sofie Hartmann
Begründung der Jury Spielfilm (Johannes Naber, Anne Ratte-Polle, Jakob D. Weydemann):
Protagonistin Dara, hervorragend gespielt von Lisa Loven Kongsli, ist Ethnologin und dokumentiert im dänischen Lolland Bauernhöfe, die dem Bau eines Tunnels weichen müssen. Dabei treffen Laien auf professionelle Darsteller*innen, reale Geschichten und Orte auf fiktionales Drama. Eingefangen in sehr präzisen und zugleich poetischen Bildern von Kamerafrau Jenny Lou Ziegel reflektiert der Film GIRAFFE über die Themen Vergänglichkeit, Erinnerung, Fortschritt und Veränderung. Hier Stimmen Form und Inhalt, Rhythmus und Atmosphäre perfekt zusammen. Die Aufgabe der Protagonistin wird zur Aufgabe des Films, Vergehendes festzuhalten und zu interpretieren. Und wie die Protagonistin traut sich auch der Film über die Beobachtung hinauszugehen, Emotionen zuzulassen. Gekonnt verbindet Regisseurin Anna Sofie Hartmann die Formen Dokumentation, Essay und Fiktion zu einem besonderen und berührenden Film, der lange nachhallt.
Der new berlin film award in der Kategorie Bester Dokumentarfilm, dotiert mit einem Preisgeld von 1.000 € in bar, gestiftet von 25p; geht an:
YU GONG
Regie: Daniel Kötter
Begründung der Jury Dokumentarfilm (Katinka Zeuner, Andreas Banz, Susanne Binninger):
Dieser vielschichtige Film bringt auf mehreren Ebenen etwas zum Schwingen in uns. In einer perfekt rhythmisierenden Essay-Form werden Themen des menschlichen Miteinanders, des Strebens nach
gesellschaftlicher Vervollkommnung und langfristigen Überlebens verhandelt.China war lange Zeit die am höchsten entwickelte Kultur der Welt. In Daniel Kötters Film bekommen wir eine Ahnung davon, wie der stille Pragmatismus und die zielgerichtete Entschlossenheit, mit der
sich die Volksrepublik heute Rohstoffe und Märkte in Afrika sichert, dazu beitragen, diese herausgehobene globale Stellung schon bald wiederherzustellen. Der Film wird durch eine chinesische Parabel aus dem 4. Jahrhundert gegliedert. Sie wird in SIEBEN Sprachen Afrikas vorgetragen, entblättert sich nach und nach und handelt von Yu Gong: dem 90-
jährigen, der sich vornahm, zwei vor seinem Haus stehende Berge zu beseitigen, da sie ihm im Weg waren. Die vielfältig lesbare Parabel erzählt von der Kraft des WIR und vom Zurücktreten vom ICH. Formal streng und in poetischem Takt wird gezeigt, wie sich Kulturen organisch, aber nicht
reibungslos beeinflussen und ineinanderfließen, wie sie voneinander profitieren, auch wenn es asymmetrische Machtgefüge sind.
Der Filmemacher bewertet oder verurteilt nicht, er beschreibt und verbindet alles sinnlich und sinnvoll. In dem der Film den Zuschauer einen Schritt zurücktreten lässt, weitet er den Blick. Wir erkennen,
dass schon lange global Dinge mit großer Selbstverständlichkeit passieren, bei denen Europa nicht mal mehr Zuschauer ist. Ein kraftvoller und kluger Film.
Der new berlin film award in der Kategorie Beste Kamera (Dokumentarfilm), dotiert mit einem Technikgutschein für die Anmietung von digitaler Kameratechnik bis zu einem Volumen von 1.500 €, gestiftet von und einzulösen bei 25p geht an:
Kamera: Julia Lemke
Filmtitel: GLITZER & STAUB
Regie: Anna Koch, Julia Lemke
Begründung der Jury:
Ein Film von großer visueller Kraft. Eine Kamera, die sich traut, die Schönheit des ländlichen Amerika zu zeigen, die Weite und Leere von Landschaften und Siedlungen. Darin vier Mädchen, die versuchen
sich in der Männerdomäne des Bullenreitens zu behaupten. Glitzer und Staub taucht ein in ihre Welt, zeigt sie mit ihren Familien, beim Training, und in Wettbewerben. Kamerafrau Julia Lemke nähert sich
ihren Protagonist*innen mit vorurteilsloser Neugier und einer großen Offenheit. Sie ist immer auf Augenhöhe, und in konstanter Verbindung mit ihrem Gegenüber. Sie findet poetische Bilder, ohne zu romantisieren, und verleiht durch ihre Bild- und Lichtgestaltung Räumen wie auch Figuren eine große Authentizität. Glitzer und Staub bietet uns eine intensive, beinahe schon körperliche Erfahrung und einen unkonventionellen Blick auf jenen Teil der USA, den wir aus den Medien nur als Trump-Country
kennen. Für diese besondere Arbeit verleihen wir Julia Lemke den Preis für die beste dokumentarische Kamera.
Der new berlin film award in der Kategorie Beste Produktion, der in der Kategorie Bester Spielfilm vergeben wird, dotiert mit einem Postproduktionspreis für die Nutzung des digitalen Gradings inkl. Personal im Wert von 5.000 €, gestiftet und einzulösen bei ARRI Media, geht an:
Produktion: Karoline Henkel, Jasper Mielke, Arto Sebastian, Virginia Martin, Anna-Sophie Phillippi,
Michael Fetter Nathansky (Wood Water Films, Contando Films, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf)
Filmtitel: SAG DU ES MIR
Regie: Michael Fetter Nathansky
Begründung der Jury Spielfilm (Johannes Naber, Anne Ratte-Polle, Jakob D. Weydemann):
„Sag du es mir“ ist die gelungene Fortsetzung einer ungewöhnlichen studentischen Zusammenarbeit, die uns unbedingt preiswürdig erscheint:
Während ihres Studiums an der Filmuniversität Babelsberg formen die Medienwissenschaftlerinnen Anna-Sophie Philippi und Virginia Martin zusammen mit dem Regisseur Michael Fetter Nathansky ein
Produktionskollektiv. Nach den Festival-Erfolgen ihrer ersten Produktion, dem mittellangen Film “Gabi”, machen sie gemeinsam weiter und produzieren zusammen mit der jungen Produktionsfirma
Wood Water Films ihren ersten Langfilm. Das Ergebnis, ihre großartige Situationskomödie „Sag Du es mir“, spiegelt den Geist dieser
Teamarbeit wider. In einer Branche der Einzelkämpfer wollen wir mit diesem Preis Vertrauen und echte Kollaboration auszeichnen, das Banden-Bilden, das Gemeinsamkeiten-Finden.
Der new berlin film award in der Kategorie Bestes Drehbuch, dotiert mit einem Preisgeld von 1.500 Euro in bar, gestiftet von dem Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD), Scriptmakers und Masterschool Drehbuch, geht an:
Michael Fetter Nathansky
für sein Drehbuch SAG DU ES MIR
Filmtitel: SAG DU ES MIR
Regie: Michael Fetter Nathansky
Begründung der Jury Spielfilm
„Guitara dimelo tu – Gitarre sag Du es mir.
Wenn ich die Welt frage, muß die Welt mich täuschen.“
Dieses italienische Lied nahm Regisseur und Drehbuchautor Michael Fetter Nathansky als Leitfaden für sein Spielfilmdebüt ,Sag Du es mir’.
Er erzählt in 3 verschiedenen Episoden, 3 verschiedene Perspektiven auf ein rätselhaftes Geschehen und in jeder ist Wahrheit und Täuschung zugleich. Die Suche zueinander, zu sich selbst und dem verlorenen Kind entpuppt sich in einem vielschichtigen Geflecht aus herrlich trockenen, humorvollen Dialogen, die immer auf’s Neue verwundern und verblüffen. Der Plot des Buches ordnet sich dabei immer der Charakterzeichnung unter. Die Figuren mit ihren Hintergründen, Ängsten und Hoffnungen und ihrem Dialekt bestimmen die Szenen und das gibt dem Film eine Tiefe, die das Herz zum Lachen bringt.
Der new berlin film award in der Kategorie Beste Regie, dotiert mit einem Postproduktionspreis für Tonmischung, Schnitt oder Colour Grading im Wert von 3.000 €, gestiftet und einzulösen bei waveline geht an:
Regie: Süheyla Schwenk
Filmtitel: JIYAN
Begründung der Jury Spielfilm:
Ein türkisches Ehepaar gibt der hochschwangeren syrischen Kurdin Hayat und ihrem türkischen Mann Harun, die sich illegal in Deutschland aufhalten, in ihrer Wohnung Obdach. In dieser Wohnung, die de
Film kaum verlässt, erzählt Regisseurin Süheyla Schwenk in einem klar konstruierten Kammerspiel in nur 70 Minuten ein ergreifendes Drama über Flucht und Vorurteil. Ihre Hauptfiguren sind dabei schmerzhaft einfach und klar und ihre präzisen Nebenfiguren, die jeweils in nur einer Szene
auftauchen wie zum Beispiel ein Freund des türkischen Ehepaars, der Harun einen illegalen Job besorgt, lassen einen lebendigen Kosmos entstehen, der weit über die eigentliche Filmhandlung hinausreicht. Mit ebenso direkter und klarer Kamera fängt JIYAN diese Figuren ein und macht uns zu Mitbewohnern dieser Wohnung. Die Regisseurin beweist einen sehr genauen, detaillierten Blick für das Wesentliche, kein Bild und kein Wort sind zu viel. So entsteht ein dichter, berührender Film, der
von einem tragischen Schicksal erzählt, das uns als Zuschauer ins Mark trifft.
Der new berlin film award in der Kategorie Beste Kamera (Spielfilm) dotiert mit der Realisierung einer hochwertigen Kameraeinstellung (‚One Good Shot’) im Wert von bis zu 3.000 Euro, gestiftet von und einzulösen
bei ARRI Rental Berlin, geht an:
Kamera: Philipp Baben der Erde
Filmtitel: 1986
Regie: Lothar Herzog
Begründung der Jury Spielfilm
Die Kameraarbeit des Films „1986“ ist einfach, klar und folgt ohne Schnörkel der Narration. Dabei sind Philipp Baben der Erdes Bilder aber auch sorgsam arrangierte Gemälde, in denen sich der Zuschauer
verlieren kann; narrative Tableaus, in denen das Schauspiel sich auch ohne viele Schnitte entfalten kann. Die homogenen Farben und haptischen Texturen unterstützen die sinnliche Reise des Films, sie schmeicheln dem Auge, ohne dabei auf prätentiöse Weise zu ästhetisieren. Die Lichtsetzung ist hyperrealistisch, sie inszeniert Menschen und Räume und wirkt dabei trotzdem nie künstlich. Mit einem Wort: Philipp Baben der Erdes Kamera ist elegant, im besten Sinne.
Der new berlin film award in der Kategorie Beste Schauspielerin/Bester Schauspieler dotiert mit einem Preisgeld von 1.500 Euro in bar, gestiftet von UCMP, geht in diesem Jahr an das Hauptdarsteller*innen-Ensemble:
Gisa Flake, Christina Große und Marc Ben Puch
Filmtitel: SAGT DU ES MIR
Regie: Michael Fetter Nathansky
Begründung der Jury Spielfilm:
Man ist immer nur so gut, wie sein Partner. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, 3 Schauspielerinnen den Preis für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle zu geben: Gisa Flake als SILKE, Marc Ben Puch als RENÉ und Christina Große als MONI in SAG DU ES MIR. Alle drei sind durch ein Geschehen miteinander verwoben. Sie spielen sich gegenseitig Rollen vor, um dem anderen zu helfen: Die Rolle der alles wissenden großen Schwester. Die der hilfesuchenden kleinen Schwester. Und der um Vergebung bittende Täter spielt den brutalen Täter. Alle Drei spielen
mit großer Hingabe, schnörkellos und unsentimental, mit großem Sinn für Komödie und alles immer im Kampf für ihre Figuren und die Erzählung.
Gisa Flake spielt SILKE, eine Maschinistin auf einem Schiffshebewerk, die um ihre Schwester kämpft. Sie tut das mit einer solchen scheinbaren Ruhe, die den Zuschauer fesselt. Jeder Ton ist auf dem Punkt. Jeder Blick erzählt viel. Dass man erst später im Laufe des Filmes ihre Gedanken erfährt, stört
überhaupt nicht, weil Gisa Flake mit allem immer etwas erzählt. Mit jedem Gang und jeder Geste. Marc Ben Puch spielt RENÉ, den Polizeitaucher, der nicht weiß, warum er eine Frau die Brücke heruntergestoßen hat. Seine Figur sucht mit einer herrlichen Ratlosigkeit um die Erklärung seiner
Aggressionsschübe, die keine Sekunde nachgibt und in dieser Unnachgiebigkeit den Zuschauer beunruhigt und gleichzeitig zum Lachen bringt. Die Weichheit, Einfachheit und Direktheit, mit der seine Figur um Rat sucht, öffnet die Sinne. Man lacht nie über den Menschen, sondern immer über die Absurdität der Situation. Christina Große kämpft als MONI, die arbeitslose Rückkehrerin aus Mallorca, wie eine Löwin für ihre jüngere Schwester SILKE. Ihre eigenen Verletzbarkeiten, die Bürden der grossen Schwester, die abgehauen ist und jetzt mittellos, mit Alkoholproblem zurückkehrt, klingen bei Christina Große immer nur leicht an. Im
Vordergrund bleibt eine Frau, die Dinge verschweigt, nicht nur um eigene Abgründe zu verstecken, sondern auch um anderen eine gute Sicht auf sich selbst zu lassen. Ihre Figur, wie die aller drei Protagonisten sind Figuren, die ohne Selbstmitleid handeln, nur getragen von ihrer Situation und Ihren Wünschen.
Der Preis der Ökumenischen Jury; dotiert mit 1.000 Euro in bar, gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Er wird sektionsübergeifend verliehen und geht an:
ZUSTAND UND GELÄNDE
Regie: Ute Adamczewski
Begründung der Ökumenischen Jury (Alexander Aehlig, Christoph Kiessig, Friederike Höhn):
Der Dokumentarfilm „Zustand und Gelände“ von Ute Adamczewski thematisiert die frühe Verfolgung und Internierung von Menschen, die vom NS-Regime als politische Gegner:innen ausgemacht worden waren. Lange und stille Bilder aus sächsischen Städten und Dörfern kombiniert die Regisseurin mit Berichten von Zeitzeug:innen, behördlichen Schreiben und Anordnungen aus den Jahren 1933/34. Die Sachlichkeit der minimalisierten Form unterstreicht den Inhalt des Verlesenen, die Bürokratie der
Vernichtung von Menschenleben. Hier, an Orten des Alltags, heute wie vor 87 Jahren. Das was nicht zu sehen ist, tritt überdeutlich zu Tage, persönliche Schicksale, strukturelle Schuld, Verantwortung und Versagen. Ute Adamczewski und Stefan Neuberger hinter der Kamera konfrontieren die Zuschauenden mit Bildern der Gegenwärtigkeit des frühen nationalsozialistischen Terrors, in dessen Topografie wir bis heute leben, arbeiten, uns bewegen. Der Film ist eine cinematografische
Meditation, deren Bilder uns Raum und Zeit neu erschließen und damit das Hier und Jetzt Schicht für Schicht offen legen. Die Kamera tastet mit uns gemeinsam die Oberflächen ab, um zum Inneren zum Erinnerten zu kommen. Diese Nähe hat uns nachdrücklich bewegt. „Zustand und Gelände“ ist Erinnerungskultur im besten Sinne in einer Zeit der allgemeinen gesellschaftlichen Besinnungslosigkeit.
Eine Lobende Erwähnung der Ökumenischen Jury bekommt:
JIYAN
Regie: Süheyla Schwenk
Begründung der Ökumenischen Jury:
Der Film Jiyan von Süheyla Schwenk erzählt in seiner komprimierten und konzentrierten Art eine Parabel über „Jiyan“ im Kurdischen das Wort für Leben. Eine kleine Familie flieht vor dem Krieg und kommt in Berlin bei Verwandten unter. Das Schicksal hält für einen Augenblick den Atem an. Die großen Themen, die auch hierzulande die Debatten um Migration bestimmen, bekommen in diesem Kammerspiel auf engstem szenischen und emotionalem Raum, eine Realität der wir uns nicht entziehen können. Liebe und Verzweiflung, Hoffnung und Ohnmacht, Angenommensein und Fremdheit liegen offen und offenbaren so die Verletzlichkeit des Lebens angesichts unmenschlicher und unbarmherziger Strukturen, die sich einfachen Schuldzuweisungen entziehen. Das Ensemble spielt eindrücklich diese klug gesetzte und ergreifende Partitur in dem die wenigen Instrumente sensibel aufeinander abgestimmt sind kein Takt zu viel ist und jeder Ton sitzt.
Der new berlin film award in der Kategorie Bester Mittellanger Film, dotiert mit einer Unterstützung für Luftaufnahmen inkl. Aufstiegsgenehmigung für einen Tag (1 Drehort) im Wert von 2.000 Euro, gestiftet von Evolair, geht an:
LAND OF GLORY
Regie: Borbála Nagy
Begründung der Jury Mittellanger Film (Maria Morata, Kristin Suckow, Marisa Winter):
In der ebenso eleganten wie absurd-komischen Schilderung eines einzigen Tages an einer ungarischen Schule, die hohen Polit-Besuch erwartet, zeichnet der Film das gesellschaftliche Porträt eines ganzen Landes. Eine Kritik an zwei dysfunktionalen Machtsystemen: Politik und Schule, die für
einen Tag zusammenkommen ohne sich wirklich zu verstehen.
Eine Lobende Erwähnung Mittellanger Film erhält:
UN CUENTO SIN TÍ
Regie: Michael Fetter Nathansky
Begründung der Jury Mittellanger Film:
Ein junger Filmemacher auf der Suche nach seinen Wurzeln in Mexiko, einem Land zu dem er eine Verbindung spürt, aber zu dem ihm der Bezug fehlt. Sein Film soll ohne die Heldengeschichte des Großvaters auskommen, der einst vor den Nazis nach Mexiko geflohen war und doch wird er sich in
den Mittelpunkt kämpfen. Wir sehen Porträts von Nachbarn, die im leerstehenden Esszimmer an einem Glastisch sitzend gespiegelt werden. Drei Seiten werden sichtbar: die öffentliche Person, ihre Maske und die Welt die dahinter liegt. Ein Film voller Geschichten und Geschichte, der
Familienerinnerungen mit dem Alltag im Hier und Jetzt verwebt und so fulminant dem Vergessen ein Schnippchen schlägt.
Der new berlin film award in der Kategorie Bester Kurzfilm, dotiert mit einem Preisgeld von 500 € in bar, gestiftet von 25 p geht an:
SCHWEBEN
Regie: Victoria Schulz
Begründung der Jury Kurzfilm (Maria Morata, Kristin Suckow, Marisa Winter):
Leichtigkeit und Gravität treffen aufeinander in diesem Film, in dem ein latenter Konflikt und die innere Wandlung der Protagonistin durch sanfte Bilder und organische Montage dargestellt werden. Intensität
und Zurückhaltung begleiten die hellen und dunklen Momente einer privaten Entscheidung, die nicht nur das eigene Leben bestimmt wird.
Eine Lobende Erwähnung in der Kategorie Kurzfilm erhält:
AUFKLÄRUNG FÜR HÖNOW
Regie: Frédéric Jaeger
Begründung der Jury Kurzfilm:
Ein Filmstudent begibt sich am östlichsten Endpunkt der Berliner U-Bahn-Linie 5 in Hönow auf die Suche nach mysogynen Männern. Diese will er in Frauenkleider stecken, damit sie am eigenen Leib sehen, wie sich das anfühlt. Sein Konzept ist so unausgegoren wie der herrlich improvisierte Film selbst. Wann immer seine Produktionsassistentin den Filmemacher auf dessen Unzulänglichkeiten hinweist, bekommt sie Anflüge dessen eigener Frauenfeindlichkeit zu spüren. Am Ende sind es die
vermeintlich provinziellen Männer aus Hönow, die ihm eine Lektion erteilen und als einzige zu so etwas wie Empathie fähig sind. Frederic Jaeger wirft einen herrlich selbstironischen Blick auf eine Generation von Möchtegernfilmemachern, die Haltung mit Provokation verwechselt und Aussagekraft mit Beliebigkeit.
Der new berlin film award in der Kategorie Bester Dokumentarfilm Mittellang/Kurz, dotiert mit einer kostenlosen AG DOK Mitgliedschaft für ein Jahr sowie der Teilnahme an zwei Seminaren der AG DOK Akademie
im Wert von 600 Euro, gestiftet von der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK). Der Preis wird sektionsübergreifend unter den Dokumentarfilmen in den Kategorien Bester Mittellanger Film und Bester Kurzfilm verliehen und geht an:
WALDSTÜCK
Regie: Hannes Schilling
Begründung der Jury (Maria Morata, Kristin Suckow, Marisa Winter):
Ein Wald in Brandenburg: Die einen graben nach Resten eines Zwangsarbeitslagers, damit man sicherinnert, die anderen haben längst vergessen. Beide Gruppen – die Denkmalschützer und NSDevotionalien-Jäger – konfrontiert der Filmemacher mit Zeitzeugenberichten und liefert so
exemplarisch eindrucksvoll eine unbarmherzige Bestandsaufnahme des mangelhaften Umgangs der Deutschen mit dem dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte.
Lobende Erwähnung
SHOOTING STARS
Regie: Magda Jaroszewicz
Begründung der Jury:
Aus der Ferne – und doch sehr nah für den Betrachter – werden Männergruppen gefilmt die miteinander, aufeinander und gegeneinander eine Choreographie von Mut und Verletzlichkeit spielen.
Die Straße wird zu einem kriegsähnlichen Schauplatz, die leere Räume der Bilder, die Bühne für eine fragile und flüchtige Selbstdarstellung. Eine Frau filmt Silvester. In Berlin.
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