NATUREZA HUMANA

Regie Mónica Lima

BERLIN: Regie Produktion |
PT/D 2023 | SPIELFILM | 25 MIN | DEUTSCHLANDPREMIERE


KF 2  (Beziehungen I Relations)
NATUREZA HUMANA | ALFABETO NOCTURNO |
JONTE | SCHABERNACK | 82 MIN

Vorführungen am

SA, 15.04, 16:15 City Kino Wedding
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So. 16.4. 20:15 Babylon 2
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Synopsis
Ein Tag in einer Stadt im Lockdown erstreckt sich in der Wohnung eines Paares von Frühjahr bis Spätsommer. Ein Gefühl von Unsicherheit schleicht sich in den Wunsch eine Familie zu gründen.

In an apartment in a city under curfew, a day expands from early Spring to late Summer. A couple’s longing to start a family is shaken by a pervasive feeling of uncertainty.

Uraufführung 52. International Film Festival Rotterdam

Regie Mónica Lima Buch Gonçalo Branco, Mónica Lima Schauspiel João Vicente, Crista Alfaiate, Maria Marques, Marco Paiva, Mafalda Jara, Lucas Branco Lima Kamera Faraz Fesharaki Schnitt Francisco Moreira Ton Paulo Lima Szenenbild Cláudia Lopes Costa Produzent:in Filipa Reis, Luise Hauschild, Mariam Shatberashvili Produktion Uma Pedra no Sapato, New Matter Films Koproduktion Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin

Bio
Mónica Lima *in Lissabon, studierte Bildende Künste in Lissabon und Regie in Prag (FAMU) und Berlin (DFFB). Sie arbeitet als Filmemacherin, Drehbuchautorin und Dramaturgin.

Regiekommentar

[EN]
Bringing a child into the world may often have been a gesture of love, as natural as it is irrational. But to the affective and economic dimensions (“Do I want it or not”, “Can I afford it or not”), contemporary life (more often so in the privileged western world) now adds an ethical dimension: should I or shouldn’t I?

What life will they live? Until when?

Through this couple in crisis, I wanted to capture contradictions and anxieties of our times, in the intimate atmosphere of a city apartment. The moral conscience of an abyss for humanity and the desire to start a family, extinction and reproduction, are the poles of tension between Xavier and Alba. Human Nature deals with the ways in which the problems arising from the brutal exploitation of nature by human beings (a pandemic and the climate crisis) are reflected (or not) with violence in the form of internal conflicts; and how characters face these problems, filtered by their own individual crisis (financial instability or lack of meaning in work), or ignore these compulsive behaviors in order to preserve their lifestyle.

The title “Human Nature” alludes to what is idiosyncratic about human behavior in some of its paradoxes, but it also seeks to inscribe the friction between human beings and nature. As an extension, I was interested in exploring formal and conceptual resonances evoked in the interplay between interior and exterior/garden, as well as by elements of the pictorial genre “Still Life” (ironically, the Portuguese term is “Dead Nature”) in their potential to allude to the dysfunctionality of this relation.

If the narrative appears to have the linearity of one single day (by the sequencing from morning to night, or the constancy of the characters’ costumes), the elliptical structure and the growing plants in the garden reveal a longer period of time (from the early spring plantings to the end of summer harvesting). Through
this entanglement of diegetic time, I wanted to create an experience in which the pace of nature would be indifferent to human drama and where what is almost imperceptibly felt by the viewers, would actually be a brutal acceleration of time.

In the meanderings of this temporal deformation, we meet a child who visits the garden and establishes, in an almost dreamlike way, a connection with Xavier. It is in this warped place that the film ends – in an uncertain time, with this child, whose gaze confronts or reflects us.

[DE]
Ein Kind auf die Welt zu bringen ist oft eine Geste der Liebe gewesen, so natürlich es erscheint, desto irrational ist es auch. Aber zu den gefühlten und ökonomischen Dimensionen („Will ich es oder nicht?“, „kann ich es mir leisten oder nicht?“) kommt in der heutigen Zeit (oftmals in der privilegierten westlichen Welt) eine ethische Dimension hinzu: sollte ich oder sollte ich nicht?

Was für ein Leben werden sie leben? Und bis Wann?

Durch dieses Paar, welches sich in einer Krise befindet, wollte ich die Widersprüche und Ängste unserer Zeit einfangen, in der intimen Atmosphäre einer Stadtwohnung. Das moralische Gewissen gegenüber eines menschlichen Abgrunds und der Wunsch nach Familiengründung, Aussterben und Fortpflanzung, sind die Spannungspole zwischen Xavier und Alba. „Natureza Humana“ (Die menschliche Natur) befasst sich mit der Art und Weise, wie die Probleme, die sich aus der brutalen Ausbeutung der Natur durch die Menschheit ergeben (Pandemie und Klimakrise), mit Gewalt in der Form interner Konflikte reflektiert werden (oder nicht); und wie die Figuren dem gegenüberstehen, gefiltert durch ihre eigenen individuellen Krisen (finanzielle Instabilität oder Sinnlosigkeit der Arbeit), oder diese zwanghaften Verhaltensweise
ignorieren, um den eigenen Lebensstil zu erhalten.

Der Titel „Natureza Humana“ spielt auf das Eigentümliche des menschlichen Verhaltens in einigen seiner Paradoxa an, aber versucht auch die Reibungspunkte zwischen Mensch und Natur einzufangen. Weiterhin war ich daran interessiert, formale und konzeptionelle Resonanzen zu erforschen, die im Zusammenspiel zwischen Interieur und Exterieur/Garten hervorgerufen werden, sowie durch Elemente der Bildgattung „Stillleben“ (ironischerweise lautet der portugiesische Begriff „Tote Natur“) in ihrem Potenzial, auf die Dysfunktionalität dieser Beziehung anzuspielen.

Während das Erzählte wie die Linearität eines einzelnen Tages erscheint (durch die Abfolge von morgens bis abends, oder die Konstanz der Kostüme), verraten die elliptische Struktur und die wachsenden Pflanzen im Garten einen längeren Zeitraum (von der Aussaat im Frühling bis zur Ernte im Sommer). Durch die Verstrickung der diegetischen Zeit wollte ich eine Erfahrung schaffen, in der die Geschwindigkeit der Natur dem menschlichen Drama gleichgültig gegenübersteht und in der das, was von
den Zuschauern fast unmerklich gefühlt wird, eigentlich eine brutale Beschleunigung der Zeit wäre.

In den Windungen dieser zeitlichen Verformung begegnen wir einem Kind, das den Garten besucht und auf fast traumhafte Weise eine Verbindung zu Xavier herstellt. An diesem verzerrten Ort endet der Film – in einer ungewissen Zeit, mit diesem Kind, dessen Blick uns konfrontiert oder reflektiert.